Der Wunsch nach Nähe, Geborgenheit und Rückhalt ist wohl bei jedem Menschen vorhanden. Wie eine Beziehung gestaltet wird, hängt wesentlich von den Lebenserfahrungen ab, die von der Geburt an erlebt wurden. So geht jeder von uns mit bestimmten Erwartungen und Einstellungen in eine neue Beziehung. Dass dadurch zwangsläufig Konflikte und Paarprobleme entstehen, ist Teil einer normalen Beziehung. Wenn die Konflikte jedoch immer wieder auftreten und die Bindung und Liebe darunter leiden, dann kann eine Paartherapie Lösungsmöglichkeiten anbieten.
Häufig sucht zunächst ein Partner alleine Hilfe auf, wenn es um Probleme in der Beziehung geht. Für die Paartherapie ist es wichtig, bereits möglichst früh auch die Sichtweise des anderen Partners zu erfahren. Nur dann ergibt sich für den Klinischen- und Gesundheitspsychologen ein vollständiges Bild der Paarbeziehung. Naturgemäß hat jeder Partner eine eigene Sicht der Beziehung. Was für den einen normal ist, kann für den anderen bereits unerträglich sein. Daher werden zu Beginn Einzelgespräche mit jedem Partner geführt, um die Kernbereiche der Probleme und mögliche Ursachen zu erkennen.
Die weiteren Sitzungen erfolgen im allgemeinen im Paargespräch. In den Sitzungen geht es darum, die Ursachen für die Probleme zu ergründen und dann Lösungen zu entwickeln. In manchen Fällen ist nur ein Partner bereit, eine Paartherapie in Anspruch zu nehmen. Auch dann kann die Therapie erfolgreich sein. Wenn ein Partner um Lösungsmöglichkeiten weiß und diese in der Beziehung umsetzt, muss sich auch der andere Partner zwangsläufig ändern. Wenn beide Partner gemeinsam die Verantwortung für die Entwicklung einer harmonischeren Beziehung übernehmen, ist es jedoch günstiger.
Eine Paartherapie ist im allgemeinen eine Kurzzeit-Therapie und erstreckt sich über 4-10 Sitzungen.
Folgende Themen können Inhalte einer Paartherapie sein:
- Aktuelle Konflikte und Probleme feststellen (Ist-Zustand)
- Ziele und Wünsche identifizieren (Soll-Zustand)
- Aspekte einer glücklichen Partnerschaft aufzeigen
- Kommunikationsfertigkeiten (Was ist beim gemeinsamen Gespräch wichtig?)
- Lösungen zu Konfliktthemen entwickeln (Wie kann man einen Konflikt positiv austragen?)
- Altlasten ablegen
Zunächst haben beide Partner ausreichend Zeit, die Konflikte und Probleme aus der eigenen Perspektive zu erzählen. Danach geht es darum, die Wechselwirkung zwischen beiden Partnern zu veranschaulichen. So wie wir uns verhalten, rufen wir eine bestimmte Reaktion beim anderen hervor (Reziprozität). Wenn der andere häufig kritisiert wird, versucht er sich wahrscheinlich zu verteidigen bzw. zum „Gegenangriff“ überzugehen. Dadurch kann sich eine Spirale von gegenseitigen Vorwürfen und Beschuldigungen entwickeln, die immer mehr eskaliert. Beiden Partner fällt es dann schwer, aus dieser Spirale auszusteigen. Dadurch wird aber eine Distanz erzeugt, die der Bindung schadet. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Bindung in einer Beziehung kann durch bestimmte Übungen nachhaltig gesteigert werden.
Bevor die Konfliktthemen besprochen werden, ist eine gute Basis wichtig. So kann z.B. mit Verwöhntagen eine positive Wechselwirkung erreicht werden, wodurch das gemeinsame Wohlbefinden gesteigert wird. Es ist bereits von Anfang an wichtig, nicht nur zu kritisieren, sondern auch darüber nachzudenken, was am anderen liebenswert ist. Aufbauend auf dieser neuen, besseren Beziehungsqualität können die Problembereiche leichter gelöst werden.
In problematischen Beziehungen ist der Kommunikationsstil häufig ungünstig. Das Üben von richtigem Sprechen und Zuhören ist besonders wichtig. Unter Anleitung des Klinischen Psychologen führt das Paar Gespräche und setzt die neu gelernten Kommunikationsstrategien ein. Die Auswirkungen sind dabei oft verblüffend. Das Paar erkennt, wie feine Änderungen in der Formulierung bereits große Unterschiede hervorrufen.
Irrationale Ansprüche an eine Beziehung sind ebenfalls zu beachten. Folgende Einstellungen sind meist ungünstig: „Der andere muss mich ganz und gar lieben.“, „Streit ist furchtbar.“, „Verschiedene Standpunkte sind unerträglich.“ Diese Einstellungen beeinflussen die Art wie wir uns verhalten und fühlen. Dass der Partner und wir selbst dadurch vielleicht überfordert werden, wird erst dann bewusst, wenn man einen Standortwechsel macht. Diese irrationalen Grundannahmen zu hinterfragen stellt eine wichtigen Schritt dar.
Schließlich werden Konfliktgespräche geführt, wo es darum geht, die Kernbereiche der Beziehungsprobleme zu lösen. Aufbauend auf den vorhergehenden Strategien wird geübt, einen Konflikt zu lösen, anstatt eskalieren zu lassen. Das Paar lernt einen neuen Zugang, um mit Meinungsverschiedenheiten umzugehen. Wo vorher eine Eskalation oder Distanzierung erfolgte, kann jetzt eine Steigerung der Bindung und Nähe erreicht werden.