Neurofeedback (oder EEG-Biofeedback) ist ein hochspezialisiertes Therapieverfahren, mit dem man lernt, die eigenen Gehirnwellen gezielt zu beeinflussen. Diese Selbstkontrolle der eigenen Gehirnwellen führt bei bestimmten Beschwerden, wie bei Aufmerksamkeitsproblemen (ADHS), Hyperaktivität, Depression, Tinnitus, Tics oder Epilepsie zu einer deutlichen Verbesserung. Erste erfolgreiche Neurofeedback-Therapien wurden bereits in den 1960er Jahren in den USA durchgeführt. In Europa ist dieses Therapieverfahren noch weitgehend unbekannt. Dies hängt zum Teil von der hochspezialisierten Ausbildung als auch von den Neurofeedback-Systemen ab, die erst in letzter Zeit qualitativ hochwertige Messungen erlauben.
Übersichtsartikel Neurofeedback u. Biofeedback in der Praxis
Dr. Norman Schmid. Neurofeedback und Biofeedback in der Praxis: Selbstkontrolle von Körper und Gehirnwellen. In: Psychologie in Österreich (5-2016)
Für alle interessierten Fachkollegen am Neurofeedback-Curriculum von Dr. Schmid & Dr. Schmid
Wir verwenden in der Praxis drei Profisysteme Nexus-MKII der Firma Mind Media, sowie zwei Heimtrainingssysteme für Neurofeedback.
Wie funktioniert Neurofeedback?
Mittels spezieller Elektroden, die an der Kopfhaut angebracht werden, können die Gehirnströme (EEG) gemessen werden. Normalerweise können wir unser EEG nicht willkürlich verändern. Der Grund dafür liegt darin, dass wir nicht sehen oder spüren, in welchem Zustand sich das Gehirn momentan befindet. Wir sind sozusagen „blind“ für unsere Gehirnwellen.
Wenn jedoch mit Hilfe eines Neurofeedback-Systems unsere Gehirnwellen gemessen und über einen Monitor sichtbar gemacht werden, können wir lernen unser Gehirn zu beeinflussen. Wir sind nicht länger „blind“, sondern können unsere Gehirnwellen „sehen“.
Dieser Lernprozess ist ähnlich, wie Tennisspielen zu lernen. Wenn uns die Augen verbunden sind, werden wir kaum lernen, den Ball über das Netz zu spielen. Wenn wir das Ergebnis unserer Versuche sehen, lernen wir den Ball mit jedem Trainingsdurchgang besser zu spielen. Auch beim Neurofeedback wird mit jeder Trainingseinheit der Erfolg gesteigert.
Was ist das EEG?
Das EEG (Elektroencephalogramm) wurde von Hans Berger 1924 entdeckt. Er stellte fest, dass durch spezielle Elektroden an der Kopfhaut bestimmte Wellenmuster gemessen werden können. Unser Gehirn ist – genauso wie die Nerven im Körper – elektrisch aktiv. Und diese Aktivität kann aufgezeichnet werden.
Beim EEG werden verschiedene Gehirnwellen unterschieden (vereinfachte Beschreibung):
- Delta: Schlafwellen
- Theta: Tagträumen, „Abdriften“ der Aufmerksamkeit, Übergang zu Schlaf, aber auch Kreativität
- Alpha: entspannter Wachzustand, geschlossene Augen
- SMR: Sensomotorischer Rhythmus (Teil der Beta-Wellen), motorische Ruhe kombiniert mit Wachheit
- Beta: konzentrierter Wachzustand, Konzentration, Aufmerksamkeit
- High-Beta: Ängste, Sorgen, Grübeln, Gedankenjagen
Welche EEG-Veränderungen sollen beim Neurofeedback entstehen?
Das Ziel beim Neurofeedback hängt von den Beschwerden ab, die behandelt werden sollen. Dabei wird nach einer sorgfältigen Neurofeedback-Diagnostik ein individuelles Therapieprogramm erstellt.
Ein Überblick über die Ziele von Neurofeedback bei bestimmten Beschwerden:
- Vor einer Neurofeedback-Therapie ist eine sorgfältige QEEG-Analyse sinnvoll, damit die Therapie für die Patientin / den Patienten maßgeschneidert werden kann. Im folgenden beschreiben wir typische Therapie-Protokolle:
- Bei Aufmerksamkeitsproblemen (ADS) sollen Theta-Wellen bzw. das Theta/Beta Verhältnis reduziert werden.
- Sind auch Hyperaktivität und Impulsivität vorhanden (ADHS), dann ist das Ziel die Reduktion von Theta und die Erhöhung von SMR (sensomotorischer Rhythmus).
- Bei Konzentrations- und Gedächtnisproblemen geht es um eine Steigerung von Beta und die Reduktion von Theta-Wellen.
- Bei Ängsten, Sorgen und Grübeln sollen hohe Beta-Wellen reduziert und Alpha erhöht werden.
- Bei Tics oder Tourette-Syndrom soll SMR (sensomotorischer Rhythmus) erhöht werden.
- Bei Depressionen ist das Ziel eine Erhöhung von Beta in der linken Gehirnhälfte. Wenn Alpha links-frontal erhöht ist (Subtyp von depressiven Personen), dann wird dort Alpha reduziert.
- Bei Epilepsie ist das Ziel die Erhöhung des SMR-Rhythmus und das Bewusstmachen der Veränderungen im EEG, um Anfälle abfangen zu können.
- Bei Schlafstörungen sollen SMR-Wellen erhöht werden, wodurch Schlafspindeln gesteigert werden, die für einen erholsamen Schlaf wichtig sind.
Wie viele Einheiten sind erforderlich, um Erfolg zu haben?
Damit Neurofeedback erfolgreich sein kann, sind ca. 10-20 Sitzungseinheiten notwendig. Nach den ersten 6-10 Einheiten sind bereits erste Erfolge vorhanden. Damit der bestmögliche Erfolg vorhanden ist und die Verbesserungen auch bestehen bleiben, sind regelmäßige Abstände (ca. 1-2mal pro Woche) wichtig.
Das Gehirn ist sehr lernfähig. Wenn einmal gelernt wurde, das Gehirn z.B. in einen lernbereiten Zustand zu bringen, bleibt diese Selbstkontroll-Fähigkeit bestehen.
Die Neurofeedback-Analyse mit QEEG und Brainmapping
Mit QEEG-Assessment und Brainmapping-Analyse können wir Fehlfunktionen des Gehirns feststellen, die für bestimmte Beschwerden, wie ADHS, Depression, Ängste, etc. verantwortlich sind. Dadurch kann die Neurofeedback-Therapie noch wirkungsvoller geplant werden.
Weitere Informationen finden Sie unter:
QEEG-Assessment und Brainmapping-Analyse
Neurofeedback bei ADHS und ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit/ohne Hyperaktivität)
Ein Aufmerksamkeitdefizit-Syndrom kann dabei alleine oder in Kombination mit Hyperaktivität auftreten. Bei Burschen ist eine Kombination häufig, wohingegen bei Mädchen oft Aufmerksamkeitsprobleme alleine vorhanden sind. Das ist auch der Grund dafür, dass ein ADS bei Mädchen häufig nicht oder erst verspätet erkannt wird.
Hauptmerkmale von ADS und ADHS
- Aufmerksamkeitsprobleme, Unaufmerksamkeit, Konzentrationsprobleme, leichte Ablenkbarkeit und Desorganisation
- Hyperaktivität, Probleme über einen längeren Zeitraum ruhig zu bleiben, innere Unruhe
- Impulsivität, mangelhafte Impulskontrolle, Stimmungsschwankungen
Ist keine deutliche hyperaktive Komponente gegeben, spricht man von einer Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (ADS). Die Häufigkeit von ADS oder ADHS bei Kindern und Jugendlichen liegt je nach Studie bei 8-19%. Auch wenn die Symptome im Erwachsenenalter geringer werden, ist AD(H)S bei ca. 6-8% der Erwachsenen vorhanden.
Neurofeedback bei ADS und ADHS
Bei Aufmerksamkeitsproblemen ist häufig eine erhöhte Theta-Aktivität im Gehirn vorhanden. Theta-Wellen können kurzgefasst als „Tagtraum-Wellen“ bezeichnet werden. Diese Wellen im EEG treten dann auf, wenn die Gedanken wandern, abdriften und die Konzentration nachlässt.
Bei Kindern und Erwachsenen sind diese Wellen häufig dann vorhanden, wenn eine Aufgabe gelöst werden soll, die schwierig ist (Gefühl der Überforderung) oder langweilig erlebt wird (Unterforderung). Das bedeutet, dass bei Herausforderungen (oder Überforderungen) und bei Routineaufgaben die Gedanken abdriften. Diese mangelhafte Konzentration führt dazu, dass Aufgaben schlechter gelöst werden und dadurch Probleme in der Schule (oder am Arbeitsplatz) entstehen.
Neurofeedback hilft durch sogenanntes Theta/Beta Training, die „Tagtraum-Wellen“ (Theta) zu reduzieren und die Konzentrationswellen (Beta) zu fördern. Die Kinder oder Erwachsenen lernen, ihr Gehirn selbst zu kontrollieren und immer dann einen konzentrierten Zustand „einzuschalten“, wann dies erforderlich ist.
Neurofeedback bei Depression
Neurofeedback bei Ängsten und Sorgen
Neurofeedback bei Schlafbeschwerden
Bei Schlafstörungen ist häufig eine erhöhte Aktivierung im Körper und im Kopf vorhanden. Durch zu starke Anspannung im Nervensystem kommt der Körper zu wenig in einen Ruhezustand und das Einschlafen oder Durchschlafen wird gestört. Zunächst ist wie immer eine ausführliche psychologische und medizinische Diagnostik erforderlich. Die erste Stufe bei Schlafstörungen besteht aus Entspannungsverfahren sowie Schlafhygiene. In einigen Fällen kommt es durch diese Methoden jedoch nur zu einer unzureichenden Verbesserung des Schlafes. Obwohl der Körper gut entspannt werden kann und auch keine besonderen äußeren Stressoren vorhanden sind, ist das Gehirn trotzdem in Daueraktivität. Dies kann im Sinne von Grübeln oder Sorgen vorhanden sein, oder schlicht und einfach als (neutrale) Gedanken, die im Kopf kreisen.
Tic-Störung
Neurofeedback bei Tic-Störungen
Epilepsie
Neurofeedback bei Epilepsie:
Das Ziel ist die prophylaktische Reduktion der Anfallshäufigkeit, aber auch die Anfälle frühzeitig zu bemerken und mittels Selbstregulation das Gehirn zu beruhigen.