Wie Belastungen verarbeitet werden.
Mit Resilienz Krisen bewältigen.
Neurofeedback um den Angstwächter zu normalisieren.
aus: „Die Kraft aus der Krise“, Die Zeit – Wissen No 45, 5. November 2015
siehe auch: Bonnano (2010). Weighing the Costs of Disaster: Consequences, Risks, and Resilience in Individuals, Families, and Communities (Internet-Link siehe unten)
Warum zerbrechen manche Personen an Schicksalsschlägen, während andere daran wachsen? Diesem Thema hat sich Die Zeit-Wissen vom 5.11.2015 zugewandt.
Anhand verschiedener Personen und Schicksalsschläge, wie dem Wetten dass…? Teilnehmer Samuel Koch, der bei seiner Wette verunglückt ist und seitdem querschnittsgelähmt ist, oder Wolfgang Schäuble, der 1990 von einem Täter angeschossen wurde und seitdem an einen Rollstuhl angewiesen ist, hat sich der Artikel dem Thema Resilienz angenähert. Der Begriff Resilienz, der aus dem englischen kommt und eigentlich in der Materialkunde verwendet wird, bezeichnet Spannkraft und Belastbarkeit. Seit einigen Jahren hat sich der Resilienz-Begriff aber auch in der Psychologie einer wachsenden Beliebtheit erfreut und wird seitdem in Workshops und Seminare für gestresste Manager und Mitarbeiter eingesetzt. Es geht darum, die Menschen widerstandsfähiger und robuster zu machen. Also eine neue Variante des guten alten Stressmanagement, wobei früher das Augenmerk auf die verschiedenen Stressbedingungen – Faktoren von außen und Persönlichkeitsmerkmale – gelegt wurde und sich mit Resilienz der Fokus noch stärker auf das Individuum verschoben hat. Also mehr Verantwortung dem Einzelnen gegenüber. Das ist einerseits positiv durch die Stärkung der Person und die Möglichkeiten, die jeder einzelne im Umgang mit Stress und Belastungen hat. Andererseits wird aber dadurch allzu gerne darauf vergessen, dass erst viele Arbeitsbedingungen zu Belastungen und Stressbeschwerden führen. Es ist somit nicht sinnvoll, nur an der Robustheit der Person anzusetzen, während gleichzeitig alle Belastungsfaktoren von außen unverändert bleiben. Das wäre wie bei Don Quijote der Kampf gegen Windmühlen, wo die stärkste Rüstung keinen Erfolg erbringen kann.
So muss auch das Resilienz-Thema kritisch betrachtet werden. Ein Ja zur Stärkung der eigenen Person, aber mit der Ergänzung der sorgfältigen Analyse der Stress-Bedingungen von außen. Erst wenn auch diese verändert werden, kann eine nachhaltige Stressreduktion und Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden erreicht werden.
Vier Typen der Verarbeitung von extremen Belastungen
Was Menschen resilient, also robust gegen Schicksalsschläge macht, wird bereits seit vielen Jahren untersucht, unter anderem vom New Yorker Psychologen George Bonnano, der die Verarbeitung von Überlebenden des 11. September 2011 des World Trade Center analysierte. Eine Gruppe entwickelte Depressionen, Angststörungen, und andere Symptome eine Gruppe zeigte anfängliche Stresssymptome, erholte sich jedoch relativ rasch und war nach zwei Jahren psychisch gesund. Eine dritte Gruppe entwickelte nach Monaten eine posttraumatische Belastungsstörung. Und schließlich gab es die Resilienten, die den Terroranschlag ohne pathologische Folgen verarbeitet hatten.
Vier Gruppen werden unterschieden:
Typ 1: Die Chronischen
Typ 2: Die Erholten
Typ 3: Die Verzögerten
Typ 4: Die Resilienten
Artikel unter: Bonnano (2010). Weighing the Costs of Disaster: Consequences, Risks, and Resilience in Individuals, Families, and Communities
Mit Neurofeedback aus der Krise
Die israelische Psychiaterin und Hirnforscherin Talma Hendler aus Tel Aviv beschäftigt sich mit der Frage, wie Soldaten auf den Umgang mit Kriegstraumata vorbereitet werden können. Dabei spielt die Amygdala (der Mandelkern) als Teil des limbischen Systems eine besondere Bedeutung bei der emotionalen Verarbeitung belastender Situationen. Wenn eine Situation als bedrohlich erlebt wird, schlägt die Amygdala Alarm und führt zu einer entsprechenden Stressreaktion in Gehrin und Körper. Bei PTSD – der posttraumatischen Belastungsstörung – kommt es zu einer übermäßigen Sensibilisierung und somit zu „Fehlalarmen“ auch bei harmlosen Ereignissen. Der „Angstwächter“ kann dann nicht mehr zwischen normalen und bedrohlichen Informationen unterscheiden.
Um den „Angstwächter“ wieder in seine normale Funktion zu bringen, lernten die Soldaten mit Neurofeedback ihre Gehirnwellen zu kontrollieren und die Amygdala zu beruhigen. In Test zeigten sich nach dem Neurofeedback-Training mehr Gelassenheit im Angesicht von Bedrohungen.
Somit stellt Neurofeedback eine vielversprechende Therapie zur Vorbeugung und Behandlung von Stressbelastungen dar.
Weitere Infos zu Neurofeedback:
Neurofeedback – die Gehirwellen kontrollieren
Das Neurofeedback-Curriculum